Wie wirkt die Akupunktur?

1. Die Behandlung der chronischen Schmerzen

Prinzipiell wird bei der Schmerzbehandlung zwischen chronischen und akuten Schmerzen unterschieden. Der Schmerz ist eine unangenehme, subjektive Empfindung mit gefühlsmäßiger Erfahrung, die mit akuter oder drohender Gewebsschädigung einhergeht. Die psychische Beteiligung zeigt sich in Angst, Schlafstörung, Depression und Reizbarkeit. Der Patient befindet sich in einem Circulus vitiosus (auch Teufelskreis genannt).  Schmerzmittel können Kopfschmerzen verursachen. Durch die rechtzeitige und optimal durchgeführte Schmerztherapie lässt sich die Chronifizierung des Schmerzes vermeiden. Angestrebt wird eine Schmerzfreiheit.

2. Verbesserung des Muskeltonus

Den Spannungszustand der Muskulatur bezeichnen wir als Muskeltonus. Die Muskulatur kann sich aufgrund verschiedener Störungen im Körper und Gemüt verspannen. Jeder von uns kennt die Verspannungen der Kopfschwartenmuskulatur, der Nackenmuskulatur und der Rückenmuskulatur. Diese kann so stark sein, dass sie Schmerzen, Unwohlsein, Depressionen, Bewegungseinschränkung etc. verursachen, die oft Wochen bis Monate andauern können. Wobei wir Ärzte bei genauer Untersuchung auch häufig keine organische Störung dingfest machen können. Wir sprechen dann auch von einer psychosomatischen Störung.

Die Verbesserung der Verspannung bewirkt wieder eine bessere Durchblutung und auch Schmerzlinderung in diesem Bereich. Der Patient kann sich dann auch besser bewegen, da durch Wegfall der Verspannungen eine physiologische (normaler) Bewegung möglich ist. Wir sehen dann auch eine Verbesserung der Körperhaltung.

3. Durchblutungsverbesserung

Die Durchblutungsfördernde Wirkung machen wir uns auch zunutze, um andere Erkrankungen, bei welchen das Gefäß im Mittelpunkt steht z.B. Migräne, zu behandeln. Eine regelmäßige Behandlung mit der Akupunktur von etwa 12 Sitzungen, wobei 1-2-mal in der Woche, bewirkt in etwa 70% der Fällen eine Verbesserung der Migräne.

4. Die Wirkung auf das Nervensystems

Der Reiz (Akupunktur oder Druck einer Massage) wird auch entlang des Rückenmarkes weiter zu höheren Zentren des Nervensystems, z.B. Hirnstamm und Großhirn geleitet und in diesen Ebenen moduliert und von diesen höheren Nervenzentren an niedere Rückenmarksegmente geleitet, was eine Hemmung der Reflexe oder Steigerung bedeuten kann. Die Beteiligung des zentralen Nervensystems an der Akupunktur für die Schmerzbehandlung und Anästhesie ist durch zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten gesichert.

5. Verbesserung der vegetativen Funktionen

In der Medizin ist das vegetative oder auch autonome Nervensystem die Gesamtheit der dem Einfluss des Willens und des Bewusstseins entzogenen Nerven. Diese regulieren die Lebensfunktionen wie: Atmung, Kreislauf, Verdauung, Stoffwechsel, Drüsen, Sexualität, Fortpflanzung usw. Die hormonelle Wechselwirkung dieser Lebensfunktionen läuft für uns meist unbemerkt ab. Wir kennen die zwei Hauptvertreter des vegetativen Nervensystems: Der Sympathikus – in seiner Funktion vorwiegend in Richtung auf Energieentladung und abbauende Stoffwechselprozesse wirksam. Er dominiert am Tag. Der Parasympathikus hat Beziehung zur Energiespeicherung, Erholung und Aufbau. Er wirkt hauptsächlich in der Nacht.
Das vegetative Nervensystem arbeitet vollautomatisch (autonom) und ist stabil. Im Falle der Normfunktion vergessen wir ihre Existenz. Dafür brauchen wir nur vernünftig und gesund leben.
Wenn wir aber ein Unbehagen (Herzklopfen, Unruhe, Schlafstörung, Schwindelgefühl, Wetterfühligkeit, Kopfschmerzen, Magendruck, Potenzstörung, feuchtkalte Hände, Füße etc.) immer wieder wahrnehmen, dann sprechen wir von vegetativer Labilität, Dystonie.
Hier kann die chinesische Reflextherapie viel zur Stärkung des vegetativen Nervensystems beitragen.

Nadelakupunktur

Diese Akupunktur – Therapie kommt aus China, wo sie seit mehr als drei Jahrtausenden praktiziert wird. Wir unterscheiden in der TCM eine Behandlung am Meridiansystem mit Nadel und ohne Nadel. Die Nadel von heute wird aus Metall (Spezialstahl) hergestellt.
Gold- und Silbernadeln
Prof. Bischko, der österreichische und westliche Pionier der Akupunktur verwendete in den 50er und 60er Jahren noch die goldenen und silbernen Nadeln, welcher seine französische Akupunkturtradition widerspiegelt. Danach wurde der goldenen Nadel eine tonisierende und der silbernen Nadel eine sedierende Wirkung nachgesagt. Ältere Patienten in Österreich können sich noch sehr gut an diese Edelmetallnadeln erinnern. Gelegentlich fragen manche Patienten noch, ob wir solche Nadeln verwenden.
Ein Lehrer des österreichischen Pioniers in der Akupunktur, Johannes Bischko, sagte einmal: „Die Akupunktur verwendet Einstiche mit Gold- oder Silbernadeln an genau festgelegten Hautpunkten, die spontan- oder druckschmerzhaft sein können, bei funktionellen, reversiblen Erkrankungen oder Störungen zu diagnostischen und/oder therapeutischen Zwecken.“

Die Tiefe der Nadeln

Die Akupunkturnadel wird je nach Art der Erkrankung und Kondition des Patienten verschieden tief (2 mm bis viele cm) und in verschiedenen Einstichsrichtungen gesetzt. Die Tiefe und die Richtung muss der Arzt streng nach der Besonderheit der regionalen Anatomie richten. Die Nadeln werden in die Haut, die Unterhautgewebe und Muskulatur gesetzt. In den meisten Fällen sehen wir nach Entfernung der Akupunkturnadeln keinen lokalen Blutaustritt. Wenn ein solcher lokaler punktförmiger Blutaustritt doch passiert, dann ist dieser durch festes Daraufdrücken rasch zu stillen. Ein sehr ähnliches Bild wie nach einem Blutzuckertest mit einer Lanzette.

Die Akupunkturbehandlung schmerzt nicht

Das Setzen der Nadel ist wie bei einer perfekten intramuskulären Injektion nicht schmerzhaft. Aber die anschließende Drehung, Auf- und Abbewegung der Nadel (Manipulation) löst beim Patient ein lokales, ungewohntes Gefühl der Wärme, Schwere und ein Gefühl wie Ameisenlaufen aus. Wir sprechen vom Nadelgefühl (Deqi-Gefühl). Mit dem Auftreten des Nadelgefühls wissen wir, dass der Patient auf die Behandlung ansprechen wird. Pro Behandlung bekommt der Patient meist 6-12 Nadeln gesetzt. In der Akupunktur gilt nicht, je mehr Nadeln desto mehr Wirkung. Auch nicht je tiefer desto stärker der Reiz oder die „Wirkung“. Der Arzt muss genau aufgrund seiner Untersuchung feststellen, in welchem Zustand der Patient ist und welche Störung er mit der Akupunktur behandeln will. Hierbei muss er neben der exakten Diagnose der modernen Medizin noch eine exakte Beurteilung nach den Regeln der TCM erstellen und danach sein Akupunkturkonzept aufbauen. Die Nadeln werden für etwa 15-30 Minuten liegen gelassen. In manchen Fällen werden einzelne Nadeln nachstimuliert. Der Patient liegt entspannt. Meist wird einmal pro Woche behandelt. Für sehr schmerzempfindliche Patienten und Kinder empfiehlt sich die „Akupunktur“ durch schwachen elektrischen Strom (TENS), durch einen Laserstrahl oder durch Akupressur (Tuina-Massage, Finger-Akupunktur).

Moxibustion

Das chinesische Wort für Akupunktur, Zhenjiu, bedeutet „stechen und brennen“- ein Hinweis, dass in China die Akupunktur und die so genannte Moxibustion eng zusammengehören. Die lokale Erwärmung eines Akupunkturpunktes durch das Abbrennen von getrocknetem Beifuss in Form einer Zigarre nennt man Moxibustion. Sie ist – wie die Massage – älter als die Nadelakupunktur. Die Moxibustion kann auch der Laie selbst nach Rücksprache mit seinem Arzt durchführen. Es ist aber streng darauf zu achten, die Haut nicht zu verbrennen. Man muss dabei so achtsam umgehen wie mit einer Wärmelampe!

Wie oft wird behandelt?

Ein Ansprechen auf die Akupunktur ist innerhalb der ersten 5 bis 6 Sitzungen feststellbar. Dann sind noch einige Sitzungen anzuschließen. In Fällen des Ansprechens sind meist 10-20 Behandlungen bei 1-3 Sitzungen pro Woche für die erste Serie ausreichend. Bei chronischen Leiden ist nach der ersten erfolgreichen Serie eine Pause von 3-6 Monaten einzuhalten, bevor man mit einer neuen Serie beginnt.
Wenn der Patient während den ersten 6 Behandlungen überhaupt nicht anspricht, dann ist schon jetzt eine Pause von 3-6 Monaten einzuhalten bevor man mit der Behandlung fortsetzt. Ein Ansprechen auf die Akupunktur kann verzögert einsetzen. Nur wenn sich in 6 Monaten nach der Pause nichts im Befinden ändert, soll mit einer anderen Behandlung begonnen werden.

Was passiert während und nach einer Akupunkturbehandlung?

Die meisten Patienten verspüren nach einigen Minuten ein angenehmes Gefühl der Schwere, Wärme, der körperlichen Leichtigkeit. Man ist geistig entspannt, schläft fast ein. Oft verschwinden die Beschwerden in dieser Zeit. Der Patient soll entspannt und ruhig liegen, die Beine und Arme nicht bewegen. Die Bewegung kann durch die veränderte Körperhaltung Schmerzen von den Stichstellen verursachen. Der Grund ist eine veränderte Nadelposition im Körper. Am selben Tag nach der Behandlung soll der Patient nichts körperlich oder physisch Anstrengendes unternehmen. Der Tag soll beschaulich ausklingen.